11.04.2018, 20:15 Uhr | Berliner Zeitung, Jens Blankennagel

Ingo Senftleben: „Ich will einen politischen Neuanfang“

Herr Senftleben, sind Sie ein mutiger Mann? Immerhin sind Sie der erste CDU-Landeschef, der eine Koalition mit der Linken nicht ausschließt?
 
Ich würde das nicht mit Mut in Verbindung bringen, sondern mit Realismus und Pragmatismus.
 Wie wurde Ihre Idee in der Bundes-CDU aufgenommen, dass die Brandenburger Union keine Anti-Rote-Socken-Partei mehr sein will?
Ich habe heute morgen mit Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer gesprochen, und wir waren uns einig, dass das zuallererst eine Brandenburger Frage ist. Und wir sind uns einig, dass wir einen Politikwechsel in Brandenburg wollen – der ist nun mal nur unter Führung der CDU möglich.
 
In Brandenburg ist die SPD seit der Landtagswahl 2014 in Umfragen von 32 auf nun 23 Prozent gefallen. Damit sind jetzt vier Parteien ähnlich stark: SPD, CDU, Linke und AfD. Was wäre Ihre Lieblingskoalition?
Am liebsten eine bürgerliche Regierung ohne rechte und linke Kräfte. Wir wollen stärkste Partei werden im Land, so wie bei den letzten beiden Bundestagswahlen, und falls das gelingt, werde ich mit allen Parteien über ihre Ideen und Konzepte für das Land reden und ganz klar machen, was mit der CDU möglich sein wird und was eben nicht.
 
Was meinen Sie mit Politikwechsel?
Wir wollen eine neue Debattenkultur in der Politik, wollen, dass trotz der Unterschiede die Ideen der anderen berücksichtigt werden. Damit wollen wir auch wieder das Interesse der Brandenburger an der Politik wecken. In meinem Leben vor allem vor dem Mauerfall habe ich gelernt, dass es nicht gut ist, wenn jemand behauptet, dass nur seine Ideen gut sind. Damals wurde uns vorgeschrieben, was wir zu denken haben. So etwas will ich nicht. Ich suche lieber nach Gemeinsamkeiten statt nach Unterschieden, und schließe nicht im Vorhinein alles aus.
 
Wie klar schließen Sie eine Koalition mit der AfD aus, die in Brandenburg bei der Bundestagswahl nach der CDU zweitstärkste Kraft wurde?
Ich bin als Arbeiter und Christ in die CDU gegangen. Ich kann mir keine Koalitionen mit Parteien vorstellen, in denen christliche Werte wie Nächstenliebe und Toleranz nicht erfüllt sind. Wir werden in keine Koalition mit Parteien gehen, die ihre Erfolge auf dem Rücken von Schwachen generieren. AfD-Landeschef Kalbitz hatte früher klare rechtsextreme Verbindungen. Deshalb gibt es keine Gemeinsamkeiten zwischen ihm und mir. Ich würde aber auch mit der AfD Gespräche nicht ausschließen. Doch mit Herrn Kalbitz wären das keine Gespräche über eine Regierungsbildung.
 
Stünde die CDU auch als Juniorpartner der Linken bereit?
Warum freuen Sie sich nicht einfach, dass die Brandenburg-CDU die politische Farbenlehre erweitert. Die Junior-Frage stellt sich nicht, weil wir stärkste Partei werden wollen.
 
Wollen Sie mit Ihrer Idee vor allem die SPD ärgern, die Brandenburg seit 28 Jahren regiert?
Es geht nicht um ärgern. Ich möchte für alle deutlich machen, dass es in einem offenen Wettbewerb der Parteien mehr Optionen gibt als in den letzten 28 Jahren in Brandenburg.
 
Womit möchten Sie punkten?
Die gescheiterte Kreisgebietsreform der Regierung hat gezeigt, dass die SPD das Lebensgefühl der Brandenburger nicht mehr trifft. Wir wollen Sicherheit in Zeiten des Wandels garantieren und unsere Heimat zum Familienland machen, in dem Kinder behütet aufwachsen und gute Bildungschancen haben. Wir wollen einen politischen Neuanfang, da ist die SPD der Hauptkonkurrent. Es geht um die Frage: Wer wird in der nächsten Regierung die Richtlinienkompetenz haben? Ein Ministerpräsident der CDU oder SPD? Wir wollen klar zeigen, wo die Unterschiede liegen.

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